»Geld sollte immer nur in eine Richtung fließen: Vom Verlag in Richtung Autorinnen und Autoren. Nicht andersherum.«
– Nina George, Schriftstellerin
Wie gut ist mein Autorenvertrag?
Es lohnt sich, einen genaueren Blick auf den Verlagsvertrag zu werfen.
Wir empfehlen Verlagen dringend, sich an den Normvertrag zu halten. Autoren raten wir, sich zunächst den eigenen Verlagsvertrag genau anzuschauen und mit dem Normvertrag Wort für Wort abzugleichen. Jede Abweichung vom Normvertrag geschieht im Zweifel nicht zum Vorteil des Autors und ist daher kritisch zu hinterfragen.
Verlagsverträge, die sich nicht an den Normvertrag halten, sollten nicht unterzeichnet werden.
Häufige Vertragstücken
Das sind zum Beispiel zu weitreichende Rechteübertragungsklauseln. Der Verlag lässt sich sämtliche Rechte für die Dauer des gesetzlichen Urheberrechts (70 Jahre über den Tod des Urhebers hinaus) einräumen. In schlechten Verträgen werden sämtliche Rechte, auch die buchfernen Rechte (wie Bühnenfassungs-, Verfilmungs- und Hörspielrechte) bereits übertragen. Diese Rechte sind jedoch beim Autor zunächst besser aufgehoben. Rechte später noch zu übertragen ist immer leichter, als sie wieder zurückzuholen!
Das Honorar weicht grundlegend von den empfohlenen Vergütungsregeln ab. Das Honorar hat sich stets am Nettoladenpreis (in der Schweiz wegen der dort nicht gegebenen Buchpreisbindung an der „Unverbindlichen Preisempfehlung des Buches“) zu orientieren, und nicht etwa am Nettoverlagsumsatz! Mit einem solchen kleinen Wortwechsel kann sich das Autorenhonorar mal eben halbieren. Verleger, die dieses Wortspiel durchführen, sind nicht fair
Verlage, die keine reinen E-Book-Verlage sind und sich die E-Book-Rechte uneingeschränkt einräumen lassen, gehen zu weit. Es empfiehlt sich, E-Book-Rechte immer nur für einen gewissen Zeitraum (z. B. zwei Jahre) zu übertragen, oder ein Rückholrecht der E-Book-Rechte vorzusehen, wonach der Autor die Rechte zurückrufen kann, wenn eine vereinbarte Menge an E-Books innerhalb zwei aufeinander folgenden Jahren nicht verkauft worden ist.
In schlechten Verträgen wird der Autor zu Zahlungen oder Mindestabnahmen der Bücher verpflichtet. Auch verdeckte Kosten, wie die Pflicht, für Bewerbungskosten des Buches aufzukommen, sind ein No-Go. Finger weg von solchen Verlagsverträgen. Es handelt sich um Druckkostenzuschuss- oder Pseudoverlage, vor denen eindringlich zu warnen ist.
Der Normvertrag für den Abschluss von Verlagsverträgen
„Der Normvertrag für den Abschluss von Verlagsverträgen“ wird häufig auch „Mustervertrag“ genannt. In Deutschland ist er auch als „Rahmenvertrag“ bekannt. Er gilt als Mindeststandard eines fairen Verlagsvertrages und ist in den DACH-Staaten zwischen den jeweiligen nationalen Schriftstellerverbänden und den jeweiligen Verlegerverbänden vereinbart worden.
Musterverträge beruhen auf freiwilliger Vereinbarung von Standardverträgen zwischen Interessen- und Branchenverbänden. Sie geben Standards vor, die nicht unterboten werden sollten. Verlage, die Mitglied in Verlegerverbänden sind, sind verpflichtet, sich am jeweiligen Normvertrag ihres Landes zu halten.
In Deutschland ist der Normvertrag am 19. Oktober 1978 erstmalig zwischen dem Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller in ver.di (dem Schriftstellerverband) und dem Börsenverein des deutschen Buchhandels (dem Verlegerverband) vereinbart worden. Er ist seitdem mehrmals novelliert worden. Die dritte revidierte Fassung trat nach schwierigen Verhandlungen zwischen dem Schriftsteller- und dem Verlegerverband, die knapp drei Jahre andauerten, am 6. Februar 2014 in Kraft und umfasst nun auch Regelungen u. a. zu den digitalen Nutzungsrechten.
In Österreich ist der Normvertrag bzw. Mustervertrag zum 1. Februar 2015 erstmalig in Kraft getreten und entsprechend von IG Autorinnen Autoren und dem Hauptverband des österreichischen Buchhandels vereinbart worden. Abweichend zum Sprachgebrauch in Deutschland steht in Österreich der „Rahmenvertrag“ nicht als Synonym zum Normvertrag/Mustervertrag, sondern meint hier einen weiteren Vertrag, der den Umgang der Vertragsparteien mit dem Mustervertrag regelt und Angaben zum Geltungsbereich des Mustervertrags enthält.
1998 haben der Buchverleger-Verband der deutschsprachigen Schweiz, die Schweizer Autorinnen und Autoren Gruppe Olten und der Schweizerische Schriftstellerinnen- und Schriftsteller-Verband (AdS) sich nach intensiven Verhandlungen auf einen gemeinsamen Muster-Verlagsvertrag für belletristische Werke geeinigt. Dieser Vertrag ist momentan, nachdem Einigungen über Novellierungen bis heute gescheitert sind, noch nicht wieder novelliert.
Die wichtigsten Regeln vor Vertragsunterzeichnung
Vertragsklauseln und ihre Bedeutung
Verlagsverträge arbeiten mit vielen juristischen Klauseln, die der Laie nicht unbedingt auf Anhieb versteht. Wir stellen einige Vertragsklauseln vor.
„Der Autor räumt dem Verlag an dem Werk räumlich für die Dauer des gesetzlichen Urheberrechts die nachfolgenden ausschließlichen inhaltlich unbeschränkten Nutzungsrechte für alle Aussagen und Auflagen ohne Stückzahlbegrenzung – insgesamt oder einzeln – in allen Sprachen ein.“
Diese Rechteübertragungsklausel ist sehr umfassend. Auf ihr folgt sodann ein Katalog ein Rechten, wie etwa „Das Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung in allen Druckausgaben“, oder das Recht der Übersetzung, das Recht zur Bearbeitung als Drehbuch usw.
„Für die Dauer des gesetzlichen Urheberrechts“ meint, 70 Jahre über den Tod des Urhebers hinaus. Die „ausschließlichen Rechte“ meint, dass der Verlag alleine berechtigt ist, die Nutzung vorzunehmen. Der Autor hat keine Nutzungsrechte mehr. Dies ist eine sehr weitreichende Rechteübertragung, die jedoch in fast jedem Verlagsvertrag so zu finden ist.
Es empfiehlt sich, dem Verlag das Verlagsrecht nur für eine bestimmte Anzahl an Jahren (z. B. zehn Jahre) einzuräumen, bzw. ein Rückholrecht dem Autor einzuräumen, wenn er nach zehn Jahren einen besseren Verlagsvertrag durch einen anderen Verlag vorlegen kann.
„Der Verlag kann die ihm nach diesem Vertrag eingeräumten Nutzungsrechte ganz oder teilweise Dritten einräumen.“
Dies ist ein sehr weitgehendes Recht. Autoren sollten stets ein Zustimmungsrecht haben. Denn: Lizenzen wirken nicht selten sogar noch nach Beendigung eines Verlagsvertrages fort. Wird der Verlagsvertrag zwischen Autor und Verlag beendet, so gelten dennoch weiterhin die einmal erteilten Lizenzen in der Regel fort. Es ist daher nur fair, wenn der Autor ein Miteinscheidungsrecht hat, ob er Lizenzen vergeben möchte. Denn bereits erteilte Lizenzen können eine erneute Verlagssuche mitunter erschweren.
„Der Verlag ist verpflichtet, das Werk zu vervielfältigen, zu verbreiten und dafür angemessen zu werben.“
Das Verlagsrecht bedeutet, dass der Verlag das Werk vervielfältigen und verbreiten muss. Tut der Verlag dies nicht, verstößt er gegen den Vertrag und der Vertrag ist durch den Autor kündbar. Der Autor hat sodann unter Umständen auch Schadenersatzansprüche.
Die Frage der angemessenen Werbung ist zwischen Autor und Verlag oft streitig. Deshalb empfiehlt es sich hier, die Werbetätigkeiten des Verlags konkret zu benennen. Je konkreter ein Verlagsvertrag ist, desto weniger Unklarheit und Ärger gibt es später.
„Als Vergütung für alle nach diesem Vertrag zu erbringenden Leistungen erhält der Autor folgende Vergütung:…“
Ein fairer Verlagsvertrag hält sich in etwa an den Gemeinsamen Vergütungsregeln. Der Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller hat in Deutschland mit neun belletristischen Verlagen Vergütungsregeln vereinbart, die als „angemessenes Honorar“ vor den deutschen Gerichten anerkannt sind. Diese Vergütungsregeln sehen vor, dass für jedes verkaufte und nicht remittierte Exemplar eines Hardcoverbuchs ein Honorar von 10 Prozent vom Nettoladenpreis zu zahlen ist. Bei Taschenbüchern gilt ein Staffelhonorar: 5 Prozent vom Nettoladenpreis bis zum zwanzigtausendsten verkauften und nicht remittierten Exemplar, 6 Prozent ab 20000, 7 Prozent ab 40000 und 8 Prozent ab 100000.
„Der Verlag kann die gedruckten Ausgaben des Werkes verramschen, wenn der Verkauf in zwei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren unter ….. Exemplar pro Jahr gelegen hat. Erweist sich auch ein Absatz zum Ramschpreis als nicht durchführbar, kann der Verlag die Restauflage makulieren.“
Von dem Verramschungsrecht Gebrauch zu nehmen, sollte die äußerste Ausnahme sein. Denn eine Verramschung schädigt den Absatz eines Werkes. Ein Buch, dass sich bereits einmal in einer Verramschung befunden hat, ist oft für den Markt nicht mehr interessant, da dem Begriff „Verramschung“ stets auch der Begriff „Ladenhüter“ anheim steht.
Deshalb sollten Verlage von dem Recht der Verramschung nur in berechtigten Fällen Gebrauch nehmen, z.B. wenn in zwei aufeinanderfolgenden Jahren weniger als 50 Exemplare des Werkes verkauft worden sind und eine besserer Absatzerfolg nicht zu erwarten ist.
Autorenvertrag prüfen lassen
Ein Autorenvertrag ist wie jeder andere Vertrag ein juristisches Regelwerk, dessen Bedeutung sich nicht immer auf den ersten Blick erschließt. Für österreichische bzw. in Österreich lebende Autorinnen und Autoren besteht die Möglichkeit zur kostenlosen Überprüfung von Verlagsverträgen durch die IG Autorinnen Autoren. Das gleiche gilt für schweizerische Autorinnen und Autoren, die sich an den AdS wenden können. In Deutschland verbietet das Rechtsberatungsdienstleistungsgesetz die kostenfreie Beratung von Autoren. Die Initiatoren sind jedoch daran interessiert, Kenntnis über unseriöse Verträge zu erhalten. Deshalb sind Autoren aufgerufen, Verträge, die sie als unfair erkennen, an FAIRLAG einzusenden. Nutzen Sie dazu unsere Upload-Formulare für deutsche, österreichische und schweizerische Autorenverträge.
Deutschen Vertrag bewerten lassen
Österreichischen Vertrag bewerten lassen
Schweizer Vertrag bewerten lassen
Begriffsglossar
Das Aktionsbündnis FAIRLAG legt Wert darauf zu betonen, dass es nicht darum geht, einzelne Geschäftsmodelle moralisch zu bewerten oder die schriftstellerische Qualität der Eigenproduktionen in Abrede zu stellen. Vielmehr geht es dem Bündnis um die Wahrung von Verlags- und Autorenrechten, die für die Verlagsarbeit und die schriftstellerische Tätigkeit von besonderer Bedeutung sind.
Das Wort „Verlag“ gehört zum spätmittelhochdeutschen „verlegen“ für „Geld auslegen, etwas auf seine Rechnung nehmen“. Ein „Verleger“ war ganz einfach ein Unternehmer, seit dem 17. Jahrhundert spezialisiert auf die Herstellung von Büchern. Ein Verlag bezahlt einen Autor für ein Produkt, mit dem der Verleger Geld verdienen möchte. Der Verleger trägt, einem Unternehmer gleich, das wirtschaftliche Risiko. Er kauft in der Regel nur solche Manuskripte, von denen er sich einen guten Erlös bzw. Gewinn verspricht. Von diesem bezahlt er das Autorenhonorar, das Lektorat, die Herstellung und alle weiteren Aufwände.
Ein Verlag, der Geld vom Autor verlangt, ist kein Verlag im eigentlichen Sinne. Bei diesem Geschäftsmodell ist der Autor, der das finanzielle Risiko trägt, der Unternehmer, und der „Verlag“ ein Dienstleister, der sich für seine Arbeit bezahlen lässt.
Ein Druckkostenzuschussverlag (österr./ schweiz. Selbstzahlerverlag) beteiligt den Autor oder einen Dritten an den Kosten für die Erstauflage des Buchs. Damit teilt sich der Verlag mit dem Autor oder dem Dritten das unternehmerische Risiko. Dieses kann sich je nach Höhe der Eigenleistung des Autors für den Verlag auf beträchtliche Weise verringern.
Ein Pseudoverlag stellt einem Autor alle Kosten für eine Veröffentlichung in Rechnung. Titel, die in Pseudoverlagen hergestellt werden, sind in der Regel nicht im Buchhandel vorrätig. Viele Pseudoverlage verstecken sich hinter der Bezeichnung „Druckkostenzuschussverlag“. Treffender ist die angelsächsische Bezeichnung „Vanity Press“ (dt. Eitelkeitsverlag). Pseudoverlage lassen die Autoren oft im Unklaren über die anfallenden Kosten und begründen sie unter anderem mit einem besonders hohen Unternehmerrisiko, das bei einem unbekannten Autor besonders hoch sein. In einem seriösen Verlag trägt dieses Risiko allein der Verlag. Dieser wird aus Eigeninteresse sicherstellen, dass die Veröffentlichung qualitativ hochwertig und verkaufsfähig ist. Bei einem Pseudoverlag ist dieser Anreiz nicht gegeben, da das wirtschaftliche Risiko allein vom Autor getragen wird und sich der „Verlag“ durch die Autoren finanziert.
Der Begriff „Bezahlverlag“ ist ein umgangssprachlicher Oberbegriff für „Druckkostenzuschussverlage (dt.)/Selbstzahlerverlage (öster., schweiz.)“ und „Pseudoverlage“. Er meint, dass der Autor für eine Leistung selbst bezahlen muss. Dieser Begriff differenziert nicht, ob der Autor finanzielle Mittel an den Verlag zur anteiligen Risikoabdeckung (Druckkostenzuschussverlag), oder sogar zur vollständigen Risikoabdeckung (Pseudoverlag), zahlt. Dieser Begriff ist insoweit ungenau, als dass er auch Pseudoverlage umfasst, die aber gerade überhaupt keine Verlage sind. Dennoch ist der Begriff „Bezahlverlag“ als Oberbegriff für jene Unternehmen, vor denen FAIRLAG warnt, allgemeingültig gebräuchlich und wird auch auf dieser Website zur leichteren Verallgemeinerung beider unseriösen Unternehmenspraktiken mitunter verwendet.
Beim Self-Publishing übernimmt der Autor alle Kosten und die gesamte branchenübliche Verlagsarbeit von Korrektorat bis Marketing. Damit ist der Autor bei diesem Modell ein Selbst-Verleger, der auch das unternehmerische Risiko trägt.